Erschienen in: Zeitschrift VISIONEN

GEDANKENKRAFT IST ENERGIE

Im tiefsten Inneren eines jeden Menschen schlummert ein enormes Potential: Die Kraft der Heilung aus sich selbst heraus. Visualisierung, Imagination und Kommunikation mit den Organen – die Möglichkeiten sind vielfältig und in vielen Fällen der erste Schritt zur Gesundung.

Die innere Kraft der Selbstheilung

Die unsichtbare Werkstatt

„Der Mensch besitzt eine sichtbare und eine unsichtbare Werkstatt. Die sichtbare, das ist sein Körper, die unsichtbare, das ist seine Imagination (Geist).“ Zu dieser Erkenntnis kam schon Paracelsus und formulierte damit einen Denkansatz, der lange in der klassischen Schulmedizin verpönt war und gern belächelt wurde. Doch seit einigen Jahren öffnet sich die Ärzteschaft dem, was die Wissenschaft noch nicht genau klären konnte: den jedem Menschen innewohnenden Selbstheilungskräften.

Heilende Bilder erschaffen
Die Nervenärztin Dr. Luise Reddemann erkannte das Potential, das in der Imagination stecken kann, um Trauma-Patienten helfen zu können. In zahlreichen Vorträgen klärt die Chefärztin der psychotherapeutischen und psychosomatischen Klinik in Bielefeld unermüdlich Kollegen und Patienten über diese Möglichkeit auf. In ihrer Arbeit setzte Dr. Redemann diesen Ansatz ebenso konsequent um und erzielte damit gute Erfolge. In der ersten Behandlungsphase von traumatisierten Patienten geht es um die Stabilisierung. Dabei sollen die Patienten dazu angeregt werden, „heilende und heilsame innere Bilder zu erschaffen“ oder, was meist der Fall sei, „auf diese Fähigkeit wieder zurückzugreifen“, so Dr. Reddemann in einem Vortrag auf Langeoog. Erst durch die erfolgreiche Therapie wurde der Medizinerin bewusst, dass sie mit Methoden arbeitet, die bei Schamanen seit Jahrhunderten bekannt sind.

Auf Du und Du mit Herz und Niere
Imagination und Visualisierung sind nur zwei Werkzeuge, um die Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Die Heiltherapeutin Anna Elisabeth Röcker stellt in ihrem Buch Das Geheimnis der Selbstheilungskräfte die Option der nonverbalen Kommunikation mit den Organen vor. Auch wenn es zunächst etwas befremdlich klingt, wenn man sich vorstellt, dass man sich angeregt mit seiner Niere unterhält, bestätigten Anna Röcker zahlreiche ihrer Patienten, dass sie nach Operationen besser mit dem Eingriff umgehen konnten, wenn sie ihren Körper vorher auf das Unvermeidliche vorbereitet hatten (siehe auch das folgende Interview). 

Hoffnung versetzt Berge
Wissenschaftler konnten nachweisen, dass Patienten, die Tabletten ohne jegliche Wirkstoffe schluckten, aber davon ausgingen, ein wichtiges Medikament für ihre Genesung einzunehmen, trotzdem positiv auf die Behandlung ansprachen. Die Experten sprechen in diesem Zusammenhang vom so genannten Placebo-Effekt. Die Wissenschaftler stellten trotz der verabreichten Scheinpräparate einen Signalaustausch zwischen Nerven und Immunsystem fest. Wie dieser Prozess möglich ist? Nichts Genaues ließ sich bislang dazu sagen. Aber eins ist sicher: die Hoffnung des Erkrankten auf Linderung seiner Schmerzen und Heilung hat einen großen Anteil daran. Deshalb lugen die Mediziner immer öfter über ihren Tellerrand und beziehen Psychologen, Soziologen und Therapeuten in ihre Untersuchungen mit ein. Denn gerade die Psyche hat großen Einfluss auf den Zustand von Körper und Geist.

Die Kraft der Gedanken
Self-fulfilling prophecy nennen die Briten ein Phänomen, das davon ausgeht, dass das, was man sich düster ausmalt, auch 100-prozentig eintreten wird. Gedankenkraft ist Energie. Wenn wir unsere Zukunft schwarz sehen und beispielsweise bei einem glatten Beinbruch fest daran glauben, nie wieder laufen zu können, ist die Wahrscheinlichkeit, dass dies auch eintreffen wird, sehr hoch. Verwendet man hingegen seine ganze Kraft darauf, wieder gehen zu können, ist das schon der erste Schritt zur Heilung. Der Trick liegt im Setzen kleiner erreichbarer Ziele. Okay, das Bein ist gebrochen. Aber bald kann man schon mit den ersten kleinen Bewegungen anfangen. Dann werden die Bewegungen größer, man kann das erste Mal das Bein belasten, dann einmal durch den Raum gehen, erst mit, dann ohne Krücken usw. Bis man irgendwann wieder ohne Beschwerden gehen kann.

Wichtige Verbündete
Geist und Kommunikation sind unsere wichtigsten inneren Verbündeten. Zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte sind jedoch auch andere Faktoren enorm wichtig. Dazu zählen Musik, Farben, Düfte, Wärme und der Genuss mit allen Sinnen. Allein durch Handauflegen für einige Minuten kann man Wärme und Energie empfangen und weitergeben. Musik beruhigt und entspannt. Manchen Menschen helfen Meditation und Gebet, um sich einen friedlichen Raum zu schaffen, in den sie sich jederzeit zurückziehen können. Wichtig ist bei allem, auf die eigene Stimme zu hören. Was tut mir gut? Das ist die wichtigste Frage, die dabei zu stellen ist.

„Man muss Genzen akzeptieren“

Interview mit der Heiltherapeutin Anna Elisabeth Röcker
Nach psychoneuroimmunologischen (PMI) Untersuchungen stehen Einsamkeits- und Isolationsgefühle an erster Stelle der Emotionen, die Krankheiten entstehen lassen können. Bedeutet das, einsame Menschen neigen eher dazu sich aufzugeben?
Es kommt natürlich darauf an, wie der Einzelne mit Einsamkeit umgeht. Ich kenne viele Menschen, die immer wieder unter Einsamkeitsgefühlen leiden und nicht krank werden. Aber es gibt auch das Extrem der Isolation, in der sich Menschen wie abgeschnitten von der Umwelt fühlen. Auf Dauer wird dieser Zustand für den Körper problematisch. Denn dieses Abgeschnittensein bedeutet ja: ich habe nichts, worauf ich mich wirklich verlassen oder stützen kann. Kein Mensch, kein Gott oder irgendeine spirituelle Beziehung helfen aus dieser Situation heraus. Ich habe seit 18 Jahren eine Praxis und arbeite viel mit Menschen zusammen, die diese Problematik aus eigener Erfahrung kennen. Gerade in der Großstadt mit ihrer Anonymität vereinsamen viele. Die kommen abends von der Arbeit nach Hause und haben niemanden, mit dem sie reden können. Sie haben häufig auch keinen schützenden Freundeskreis. In solchen Fällen ist die Einsamkeit schwächend für Körper und Geist.

„Wir können mit unseren Organen sprechen! Aber auch was wir essen und trinken, fühlen, hören und sehen ist Information für unser Innerstes“.

“Was ist für Sie die Basis der Selbstheilung?

Die Kraft der Gedanken, und damit meine ich nicht nur das reine Denken, sondern die Imagination und Visualisierung. Gedanken klingt so nach Intellekt, irgendwie einschränkend. Aber es ist mehr, es ist das weite Bewusstsein. Vielleicht sollten wir besser von geistiger Kraft sprechen. Der bekannte Kinderchirurg Bernie Siegel hat mir erzählt, dass selbst Kinder mit ihrer Krankheit wesentlich besser klar kamen, wenn sie an die Kraft der Heilkräfte in sich selbst geglaubt haben.

Wie ist es mit der Kommunikation?

Das ist ein weiteres wichtiges Element. Wir können mit unseren Organen sprechen! Durch erfolgreiche Romane wie Der Pferdeflüsterer wurde vielen Menschen erst einmal bewusst, dass man nonverbal etwas mitteilen kann. In diesem Fall einem Tier. Genauso können wir nonverbal jedem unserer Organe etwas mitteilen. Ich habe sehr viel mit Dr. Peter Schleicher zusammengearbeitet, er ist Immunologe und ein klassischer Schulmediziner. Er steht mittlerweile voll hinter dem Gedanken der Selbstheilungskräfte. Er ist wie ich davon überzeugt, dass wir z. B. den Nieren eine bestimmte Information geben können. Übrigens ist alles Information für unser Innerstes, auch das, was wir essen und trinken, fühlen, hören oder sehen.
Wichtig ist mir, dass wir erkennen, dass man sich nicht ausgeliefert fühlen muss, wenn man in ein Krankenhaus muss oder eine niederschmetternde Diagnose bekommt. Viele meiner Patienten, die sich entsprechend auf eine Operation vorbereitet haben, sagten mit später, dass sie sich wesentlich besser mit dem Eingriff abgefunden haben. Sie sagten ihrem Körper, okay – jetzt wirst du verletzt, aber es ist gut für dich, denn danach wird es dir wieder besser gehen. Es gibt Patienten, die sagen: Auch wenn es vielleicht Einbildung ist, das ist mir egal, Hauptsache ist, es hilft. Wir werden immer älter und wir haben das Geld nicht mehr, dass wir gepäppelt werden können, wie es noch bis vor kurzem der Fall war. Deshalb werden wir überhaupt nicht drum herum kommen, mehr für uns selbst zu tun.

Kann man auch des Guten zu viel tun?

Man muss sich natürlich klar machen, dass nicht jeder gesund werden kann und auch nicht jeder kann einer tödlichen Krankheit die Stirn bieten. Deshalb möchte ich die Chance nutzen und darauf hinweisen, dass mich immer wieder Menschen ansprechend und fragen: Was ist, wenn meine Selbstheilungskräfte versagen? Wenn ich nicht gesund werde, habe ich dann nicht erst Recht das Gefühl, ein Versager zu sein; wenn doch alles wirklich so gut wirkt, wie immer behauptet wird? Ich antworte dann immer, dass wir letztlich nicht alles in unserer Hand haben. Es gibt eine innere Führung, die möglicherweise in unserem Lebensplan etwas anderes vorgesehen hat, als wir meinen zu wollen. Da würde ich sagen, kann man des Guten durchaus zu viel tun. Denn man muss sich ein Stück weit schon in die Hand dieses Göttlichen geben und Grenzen akzeptieren.

Gibt es Situationen oder Erkrankungen, wo Selbstheilungskräfte von vorn herein nicht helfen können, oder ist es so, dass man grundsätzlich an die Kraft der Heilung von Ihnen glauben sollte?

Man kann auf diese Weise immer eine Linderung erfahren, denn man kann auch seine geistige Einstellung zur Erkrankung ändern. Ich habe in den letzten Jahren immer wieder sehr junge Menschen sterben sehen, die aber durch ihre Einstellung zu ihrem unabwendbaren Schicksal anders gestorben sind. Eines meiner schwersten und traumatischsten Erlebnisse als Therapeutin hatte ich mit einer Patientin, die ich leider gehen lassen musste, obwohl wir alle so dagegen angekämpft hatten. Wir mussten ihren Tod akzeptieren und dann auch loslassen. Das wurden mir zwei Dinge klar: Die Patientin hatte eine ungeheure Entwicklung während ihrer Krankheit erfahren. Für uns als Therapeuten war es die Lehre: Wir sind nicht der liebe Gott. Wir müssen lernen loszulassen.

Sie geben in Ihrem Buch Tipps für die Stärkung der Selbstheilungskräfte von Kindern, beispielsweise durch die Anregung der Phantasie, durch Geschichten-Erzählen und durch Lachen oder Singen. Kann man das auch auf Babys anwenden?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass, wenn Mütter oder Väter diese Art von Energielenkung ein wenig beherrschen, zum Beispiel Ausschläge gemildert werden können. Ich habe eine Mutter gehabt, die war am Anfang sehr skeptisch, weil ihr Mann gegen alternative Heilansätze war. Ich habe ihr gesagt, sie kann nichts verlieren. Denn ich brauche niemanden, der an mich glaubt. Wichtig ist, dass sie selbst ausprobiert, was ihrem Kind gut tut. Das Kleine hatte in der Kniebeuge eine klassische Neurodermitis. Es war zu der Zeit gerade neun Monate alt. Sie hat jeden Tag für einige Zeit ihre Hand über diese Stelle gehalten. Schon nach wenigen Tagen konnte sie ihrem Mann zeigen, dass der Ausschlag langsam blasser wurde. Was da natürlich mit reinspielt ist die Zuneigung. Wenn eine Mutter sich für eine Dreiviertelstunde intensiv mit ihrem Kind beschäftigt und sich darauf konzentriert, heilende Energie zu senden, dann wirkt sich das aus. Ich habe meine besten Erfahrungen mit Kindern gemacht, weil die solchen Sachen keinen Widerstand entgegensetzen, sondern sich einfach in die Sache hineinbegeben und damit das Wohltuende gleich spüren können.

Dieser Ansatz lässt sich sicher auch auf die Behandlung von Tieren übertragen?

Ich hatte eigentlich auch ein Kapitel in meinem Buch dieser Thematik widmen wollen. Ich liebe Tiere über alles und von ihnen geht eine enorme Heilkraft aus, die man als Mensch auch auf sie zurück übertragen kann. Damit meine ich nicht nur die klassischen Haustiere, Hund, Katze, Meerschweinchen und Ähnliches, sondern im Grunde alle Tiere. Im Sommer war es mit der Mückenplage besonders schlimm. Bei aller Tierliebe kam dann doch irgendwann der Moment, in dem ich wütend auf diese kleinen Plagegeister wurde. Ich bin davon überzeugt, dass ich sie mir dadurch auf Abstand halten konnte, indem ich mit ihnen geredet habe. Sie bat, mir doch etwas Ruhe zu lassen. Das klappt natürlich nicht in jedem Fall, aber doch in vielen Situationen.

Kann man die geistige Kraft auch auf Komapatienten übertragen?

Ja, ganz sicher. Denn wir wissen, dass jemand, der im Koma liegt, trotzdem mitbekommen kann, was um und mit ihm geschieht. Es gibt durchschlagende Erfolge mit Musiktherapie bei komatösen Patienten. Am Institut für altorientalische Kunst- und Musiktherapie der Uni Wien unterrichtet der türkische Arzt Dr. R. Oruc Güvenc. Ich habe bei ihm in einem Film gesehen, wie Komapatienten, denen man keine Chance mehr eingeräumt hatte, dass sie je wieder aufwachen würden, anfingen, zuerst einen einzelnen Finger zu bewegen, dann die ganze Hand. Das war so berührend. Man kann so viel für diese Menschen tun, aber man muss sich auch klar darüber sein, dass man sehr viel zeit und Kraft investieren muss. Es erfordert enorme Konzentrationsleistungen, wenn man längere Zeit Heilkräfte schicken möchte.

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